Das erste innerstädtische Chinesenviertel (Chinatown) Nordamerikas ist gleichzeitig das größte und wurde 2013 von der American Planning Association, einer unabhängigen Organisation für Stadtplanung, in die Liste der zehn sehenswertesten Stadtbezirke der USA aufgenommen.
Das Chinatown von San Francisco, das gleich neben North Beach liegt, grenzt auch an das Bankenviertel (den Financial District) und ist von der Innenstadt aus leicht zu Fuß erreichbar. Tatsächlich ist es empfehlenswert, diesen Stadtteil auf Schusters Rappen zu erkunden, denn er ist dicht besiedelt und die Parkplätze sind knapp. Sie können sich aber auch in den Bus der Linie 30 setzen, der auf der Stockton Street durch Chinatown fährt – die Fahrt selbst ist schon ein Erlebnis.
Das Chinesenviertel entstand Mitte des 19. Jahrhunderts und wurde durch diskriminierende Gesetze, die noch bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg galten, eng eingegrenzt. In diesem Viertel lebten alte Traditionen und Lebensweisen aus der Heimat der Chinesen fort und entwickelten sich auf eigene Art weiter. Die einst zahlreichen chinesischen Kinos und Nachtclubs sind inzwischen verschwunden, aber viele chinesische Banken und chinesischsprachigen Zeitungen florieren noch immer. Wenn man über die Gehsteige der Stockton Street schlendert, vorbei an Läden und Märkten, die prall gefüllt sind mit Gemüse, Hühnern, Enten, Fisch, Ginseng und anderen Waren, dann erhält man einen guten Eindruck von China, ohne Amerika verlassen zu müssen.
Heutzutage gewinnt Chinatown durch die Zuwanderung von Asiaten aus anderen Ländern an Vielfalt, und am Rande wird der Stadtteil, der noch immer reichlich überfüllt und von der Arbeiterschicht geprägt ist, langsam moderner. Das Hilton San Francisco Financial District, ein modernes Hotelhochhaus in der Kearny Street, steht gegenüber dem Portsmouth Square, einem der ältesten Plätze in der Stadt und nach wie vor ein bedeutender Treffpunkt im Freien für Amerikaner chinesischer Abstammung, die hierher kommen, um Brettspiele zu spielen, zu schwatzen und etwas Sonne zu tanken. Man glaubt es kaum, dass dieser Ort Mitte des 19. Jahrhunderts ein berüchtigter Tummelplatz der Halbwelt voller Bordelle und Saloons war.
Das unschätzbare Chinese Historical Society of America Museum in der Clay Street gewährt tiefe Einblicke in die Geschichte der chinesischen Gemeinde. Wunderschön kitschige Andenken findet man entlang der Grant Avenue. Restaurants gibt es überall, vom noblen Empress of China zur legeren R&G Lounge an der Kearny Street. Auch wenn Glückskekse keine wirklich chinesische Tradition sind, sollten Sie unbedingt in der Golden Gate Fortune Cookie Factory vorbeischauen, die ganz versteckt in der Ross Alley 56 liegt.